Werben in der Krise?!
Das Interview mit Nadine Benecke – Stellvertretende Leiterin regionale Vermarktung & Digitalvermarktung, MSO Medien-Service
Wie hat sich der Werbemarkt durch die Corona-Krise verändert?
Nadine Benecke: Mit der Corona-Krise haben die Menschen plötzlich ihr Verhalten, ihre Interessen und ihre Bedürfnisse verändert – eine besondere Situation für den Werbemarkt, der sich plötzlich in einer Art Schockstarre befand. Das klassische Geschäftsmodell kam über Nacht zum Erliegen, wodurch auch die bis dahin präferierten Kanäle nicht mehr ihre Wirkung entfalten konnten. Plötzlich hatten die Zielgruppen der Werbung einen neuen Alltag – Homeoffice, Videokonferenzen, Home-Schooling. Es galt also, kurzfristig neue Wege für Kommunikation und Vertrieb zu finden.
Nach dem „Aufwachen“ aus der Schockstarre, wurde der Handel schnell aktiv: Unternehmen, die zuvor noch nie mit dem digitalen Bereich zu tun hatten, haben erste Schritte gemacht, um sich in dieser „neuen Welt“ zurecht zu finden und ihren Unternehmensauftritt und die damit einhergehende Werbestrategie weiter zu entwickeln. Neue Vertriebswege mussten gesucht werden, um sich dem veränderten Konsumentenverhalten anzupassen.
Unternehmen mit ersten Erfahrungen im digitalen Markt haben ihre Kompetenzen und ihre Strategie weiter ausgebaut, beschleunigt und kurzfristig neue Vertriebsmöglichkeiten über digitale Kanäle geschaffen.
Was sind die Herausforderungen denen die Kunden sich stellen mussten und aktuell müssen?
Nadine Benecke: Eine der großen Herausforderungen ist das Schritthalten mit den großen Mitstreitern im Onlinehandel. Lokale Unternehmen müssen sich und ihr Portfolio so bekannt machen, dass sie als echte Alternative zum Onlinehandel wahrgenommen werden. Dabei besteht die Chance, die Kompetenz aus der langjährigen Markterfahrung auch auf die Digitalität zu übertragen und diese durch Kollaboration mit weiteren lokalen Partnern zu festigen.
Eine weitere Herausforderung hierbei liegt neben der Bereitschaft diesen Weg zu gehen, auch darin, die richtigen Partner zu finden. Man sollte nicht versuchen, sich mit den großen Marktführern zu messen. Stattdessen sollte man den Fokus auf sich und sein Geschäft legen, den großen Wettbewerb als Inspiration sehen, sich mit einem lokalen Fokus hervorheben und daraus ggf. auch eine lokale Eigenmarke entwickeln, die den Mix aus marktübergreifenden Artikeln ergänzt und kleinere, lokale Unternehmen so wieder gewinnen lässt.
Kurzum: Strategien für neue Vertriebswege und eine Eigenmarke entwickeln – richtige Partner finden – diese Herausforderung bewusst und gewollt annehmen und als zukünftige Normalität verstehen
Trotz der schweren Umstände – welche Erfolgsgeschichten konnten Sie erleben?
Nadine Benecke: Einige Händler haben mit viel Kreativität auf die Herausforderungen reagiert und neue Vertriebswege entwickelt. Lieferdienste wurden kurzfristig auf- bzw. ausgebaut, die Digitalisierung wurde vorangetrieben und WhatsApp plötzlich als Kommunikationskanal mit den Konsumenten genutzt. Unternehmen ließen sich für neue Ansätze inspirieren und scheuten sich nicht, diese auch kurzfristig umzusetzen. „Einfach mal machen“ – war die Devise.
Ebenfalls konnte man eine noch engere Zusammenarbeit einzelner Institutionen und Unternehmen/Händler im lokalen Markt erleben.
Die Relevanz des Netzwerkes, z.B. durch kommunale Werbegemeinschaften, hat sich gestärkt und die Unterstützung durch kommunale Wirtschaftsverbände hat ein positives Signal für die weitere Erhaltung und Festigung der Attraktivität der lokalen Handelsvielfalt zum Ausdruck gebracht.
Wie geht es weiter? Welchen Rat geben Sie Gewerbetreibenden?
Nadine Benecke: Durch Corona werden plötzlich Themen relevant, über die man noch vor wenigen Monaten nicht ernsthaft nachgedacht hätte. Über eine Veränderung im bisherigen Geschäftsmodell wurde vielleicht schon oft gesprochen, das Thema aber eher vor sich hergeschoben.
Man sollte die aktuelle Krise als Chance sehen, notwendige und angedachte Veränderungen zu beschleunigen und nicht weiter an dem festhalten, was bisher war und nun vielleicht nicht mehr in gewohntem Umfang möglich ist oder funktioniert.
Wir brauchen Mut und Konsequenz, um die neuen Herausforderungen anzunehmen und neue Wege zu gehen.